Alina ist ein Igel, eine Igeldame, die vor ca 4 Wochen bei uns eingezogen ist. Ein Findling, feststeckend in einem Plastikring, der sie wohl beim Weiterwachsen erdrückt hätte. Abgesehen davon viel zu klein und leicht für diese Zeit des Jahres.
Gefunden wurde Alina von meiner jüngeren Tochter, die in solchen Dingen immer sehr engagiert ist. Bisher hab ich immer eine Unterkunft für alle Findlinge aufgetrieben, diesmal hieß es: alle Igelauffangstationen sind schon voll.
"Mama, wir können Alina doch nicht sterben lassen. Ich kümmere mich darum!"
Unsere Katzen würden das nicht unterschreiben, aber nur unter dieser Bedingung durfte der Igel in den Keller ziehen.
Pädagogisch betrachtet sehr wertvoll, wurde mir gesagt. Kinder lernen da Verantwortung übernehmen! Und nein, wir haben für sowas weder Zeit noch Platz noch Geld.... AHA...
Aber soweit nur die Vorgeschichte. Die Igeldame hat so allerlei Befindlichkeiten und die letzte erforderte ein Medikament und die anschließende gründliche Reinigung des Käfings an den 2 darauffolgenden Morgenden. Da sitzt also nun ein jammerndes und unausgeschlafenes Mädchen vor dem Igelkäfig und versucht diesen zu säubern. Im Keller scheppert es, ich höre einen Schrei, Alina!, Geschimpfe und dann ein Schluchzen.
Entgegen bisheriger Gewohnheiten rufe ich von oben, ob ich helfen könne. Ein jämmerliches Ja kommt aus dem Keller. Am Boden ist der Inhalt der Waschschüssel verteilt, die Zeitungen triefen, und die dick behandschuhte Hand meiner Tochter versucht die Igeldame in einem mittlerweile viel zu kleinen Behältnis zu halten. Sie ist ein Wonneproppen geworden, flink und munter und klettergewandt.
Ich merke, wie sich aus einem alten Stressmuster heraus meine Nackenhaare anfangen aufzustellen. Ich bin dran mit Fahren für noch 2 andere Kinder. Und zwar in 15 Minuten.
Ich atme ein und atme aus und bin fest entschlossen, weder zu schimpfen, noch hektisch zu werden. "Wo kann ich dich unterstützen?" "Bitte halte Alina Mama". Ich kann sehen, wie sich meine Tochter angesichts meiner Gelassenheit auch wieder entspannt. Ein bisschen langsamer, aber auch sie atmet durch.
Während ich oben die Igeldame in einen hohen Eimer setze, den sie nicht erklimmen kann, beendet die 12 jährige im Keller ihre Arbeit und gemeinsam schaffen wir es nur 2 Minuten zu spät zum Abholort zu kommen. Beide sind wir stolz, dass wir gemeinsam die Situation so gut gemeistert haben.
Sie, weil sie nicht aufgegeben hat.
Ich, weil ich ruhig geblieben bin und ihr zugetraut habe, die Arbeit gut zu beenden. Weil ich mir wieder einmal ein Stück mehr Resilienz erarbeitet habe.
Ich bin ganz sicher, dass zu dieser neuen Art der Reaktionsmöglichkeiten wieder einmal mein Atemtraining (in diesem Falle seit 4 Wochen nach der Buyteko-Methode) beigetragen hat. Wie so oft in meinem Leben hat mir der veränderte Atem ganz neue Perspektiven und Wahlmöglichkeiten beschehrt. Vermutlich liebe ich auchdarum meine Atemzeiten immer mehr.