Eines der ersten Dinge, die ich von Vilas in meinem allerersten Workshop von ihm mitgenommen habe, war die Aussage: Wir werden geatmet von einer Kraft, die will, dass wir leben! Wenn wir geboren werden, dann atmet das Universum uns aus, und wenn wir sterben, dann atmet es uns wieder ein. Und dazwischen kann gelebtes Leben stattfinden.
Allerheiligen steht vor der Türe, das Fest der Ahnen, mit dünnen Schleiern und offenen Toren zur Anderswelt. Wolf Dieter Storl hat dazu wunderschöne Erzählungen. Über alte Bräuche, Pflanzen, die man verräuchert, wie man damit umgehen kann.
Lange Zeit habe ich dieses Fest in der christlichen Manier begangen und spätestens nach dem Tod meines Vaters wurde dieser Tag für mich gefühlt jedes Mal ein Spießrutenlauf. Schon damals habe ich es oft als Zurschaustellung der neuen Mäntel empfunden.
Heute, 37 Jahre später, begehe ich es ganz anders. Meine beiden Eltern wurden längst wieder vom großen Atem eingeatmet. Die heiße Trauer ist vorbei, manchmal kommt sie noch, aber leiser und immer Hand in Hand mit der Dankbarkeit um das, was mich beide gelehrt haben. Im Guten wie im Schlechten. Heute, mit so viel Abstand kann ich ihre Bemühungen sehen. Wie auch sie versucht haben, die Atemzüge dazwischen zu nutzen.
Ich habe nach zu vielen Jahren des Atemanhaltens - neuere Bezeichnung "freeze" - wieder gelernt, entspannt zu atmen. Immer tiefer bin ich über all die Jahre eingetaucht in die Magie der Atmung. Und manchmal erhasche ich eine Idee dieses "geatmet werden, von einer Kraft, die will, dass ich lebe". Und dann wird es immer ganz ruhig und friedlich in mir.
Unsere Gesellschaft atmet zu viel ein... Welch Wohltat, wenn man ausatmet und es einfach still werden lassen kann. Davon in der nächsten GEschichte :-)
