3. Oktober... Tag der Dt. Einheit, Geburtstag des Freundes meiner Tochter, Todestag meiner Mama...
Ein Datum und viele Bedeutungen. Es ist ein wunderschöner, sonnendurchfluteter und warmer Herbsttag und ich sitze für meine Morgenroutine in der Sonne. Sie wärmt meine Haut und ich freue mich auf den Tag. Aus dem Nichts auf einmal die Erinnerung! Damals war es auch warm. Genau so wie heute. Am Tag zuvor hatten wir alle Geräte abgestellt. "Erschrecken Sie nicht! Wenn man die Lungenmaschine abstellt, dann kommt oft Todesangst. Das Sterben an sich kann aber noch dauern." Die Ärzte versuchen mir zu erklären, was geschehen wird. Seit über eine Woche liegt meine Mama schon im Koma und jetzt ist es Zeit, sie gehen zu lassen. Die ganze Nacht habe ich am Bett gewacht, wollte sie begleiten. In den Morgenstunden zieht es mich heim zu meinen damals noch kleinen Kindern. Nur kurz umziehen, durchschnaufen, sie in den Arm nehmen, was essen....
Auf der Bank in der Sonne sitzen, die Bienen summen im Efeu, als meine Nichte - auch Ärztin - mit der Nachricht kommt. Sie ist gestorben, kurz nachdem Du weg und sie alleine im Zimmer war. Sterbende suchen sich aus, ob sie alleine oder in Begeitung gehen wollen. 3x habe ich das bewusst erleben dürfen.
Die Erinnerungen an diesen Tag vor 11 Jahren sind so lebendig und sie kriechen die Brust nach oben. Es brennt, Tränen kullern.... und dann setzt etwas ein. Der ruhige Atem, den ich nun tgl seit Monaten übe. Einfach so. Ganz leise und sanft legt er einen Balsam über den Schmerz, löscht das beginnende Feuer. Lenkt die Erinnerungen auf all das Gute. Ihre Wärme. Auf das Leben, das weiter gegangen ist und das so viele wunderschöne Dinge gebracht hat. Darauf, dass sie mir heute immer noch nahe ist. Anders, aber so oft bei mir. In ihrer allerbesten Form.
Ich spüre meinen eigenen sanften Atem und ihren liebevollen Blick. Alles ist gut. Der Schmerz wurde gesehen und dadurch konnte er sich wandeln. Nicht jedem Schmerz kann ich schon so "leicht" standhalten, ihm in die Augen schauen und wissen: im Atem und mit meinem liebevollen Blick kann ich ihn wandeln. Hindurchgehen. Wieder im Hier und Jetzt sein. Ich bin ihm nicht mehr einfach nur ausgeliefert.
Meine lachenden Kinder holen mich endgültig zurück ins Hier und Jetzt. Ich bin dankbar. Für alles! Denn es ist gut weiter gegangen und ihr Leben und ihre Liebe fließt weiter... ich hoffe, noch in viele weitere Generationen.
Danke Mama!
Danke Atem!
Danke an die Kraft, die will, dass wir leben :-)
(Spruch meines Lehrers Vilas: Wir werden geatmet von einer Kraft, die will, dass wir leben!)